Osteroratorium

Carl Heinrich Graun (1704-1759): Osteroratorium für Soli (SATB) Chor und Orchester

Sonntag, 21.4.2024, 16 Uhr

St. Canisius Berlin (Witzlebenstraße 30, 14057 Berlin)

Mitwirkende

Ensemble ARCANUM in Kooperation mit Babe* (Berliner Amateur*innen-Barock-Ensemble)

Leitung: Patrick Orlich
Lara Hüsges, Sopran
Malina Höfflin, Alt
Martin Höhler, Tenor
Rory Green, Bariton

Zum Programm

Carl Heinrich Graun (1704–1759)

Von Dresden über Braunschweig nach Berlin – Carl Heinrich Graun hatte Zeit seines Lebens eine steile Karriere als Musiker und Komponist hingelegt. In jungen Jahren folgte er seinem Bruder an die Dresdner Kreuzschule, wo er nicht nur stimmlich begeisterte, sondern ebenso eigene Kantaten und Motteten komponierte. 1725 wechselte Graun als ausgebildeter Tenor und Komponist an den Hof Herzog August Wilhelms von Braunschweig-Wolfenbüttel, stieg schließlich zum Vizekapellmeister auf und wies mit Opern, (Kirchen-)Kantaten und Passions- sowie Trauermusiken ein durchaus umfangreiches Œuvre auf. Als er für sich keine Aufstiegschancen mehr am Hofe des Herzogs sah, wechselte er schließlich 1735 nach Preußen, agierte die ersten Jahre in Ruppin und Rheinsberg beim Kronprinzen Friedrich und antizipierte wohl dessen baldige Ernennung zum König in Preußen. So folgte er fünf Jahre später Friedrich II., der ihn zum Hofkapellmeister ernannte, nach Berlin. Der kunstbegeisterte König ließ rasch das Opernhaus Unter den Linden errichten, wo es Carl Heinrich Grauns Opern waren, die den Bühnenraum erstmalig zum Klingen brachten. 

In welcher Lebensphase nun das Graun’sche Osteroratorium entstanden ist, bleibt bis heute ungeklärt, denn so reichhaltig Leben und Werk des Komponisten gewesen ist, so wenig ist heute davon überliefert – viele Werke gelten als verschollen. Man kann wohl von Glück reden, dass das Osteroratorium 1829 in den Besitz der Universität Bonn gelangte und überlebte. Einzig in der Biografie Johann Adam Hillers fand das Werk eine frühe, wenn auch kurze Erwähnung, die gemischte Gefühle offenlegt. So heißt es hier: »Es ist unter diesen auch ein ziemlich langes Osteroratorium; doch findet man in allen diesen Compositionen das geschmeidige, singbare und gefällige Wesen nicht, was die nachherigen Compositionen unsers Grauns so sehr auszeichnet. An gut gearbeiteten Chören fehlt es ihnen indeß keineswegs.« Diese »gut gearbeiteten Chöre« markieren in dem vierteiligen Oratorium den Beginn und das Ende eines jeden Teils, die an den vier Osterfesttagen musiziert werden sollten. Neben Bibeltexten kommentieren vor allem freie Betrachtungen in Rezitativen und Arien das Heilsgeschehen. Zum reichhaltigen Instrumentarium von Flöten, Oboen, Fagotten, Hörnern, Trompeten und Pauken gesellen sich Streichorchester sowie Basso continuo und bilden eine durchaus bunte Palette an musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten, die Graun – entgegen aller Kritik Hillers – vollumfänglich ausnutzte.   

Programm und Texte

1. Chor
Siehe, es hat überwunden der Löwe, der da ist vom Geschlecht Juda, die Wurzel Davids. (Off. 5,5)
2. Accompagnato (Alt oder Bass)
O süßer Ostertrost, der aller Tränen,
bei heißer Lieb und Glaubens Sehnen,
und der Weiber Trauren,
und Jesu Jünger Schar,
in den verschlossnen Mauren,
am Auferstehungstage stillt.
Wie ofters seufzt ein wahrer Christ,
wenn alle Seelen Ruh verschwindet,
und er bei schwerem Seelenstreit
der größten Schwermut Qual empfindet,
da Jesu Süßigkeit nicht mehr zu schmecken ist,
er müsse, statt zu siegen,
im Kampfe ganz erliegen.
3. Arie (Alt)
Jesum suchen und nicht finden
ist der größte Schmerz,
Lebenssonne,
Seelenwonne.
Ach! willstu von mir verschwinden,
so verschmacht mein Herz.
4. Recitativ (Tenor)
Doch, wie der Heiland das Verlorne suchte
und sich der Seinen Schar
bald stellt als ihr Erlöser dar,
so kehrt er auch durch seiner Gnaden Schein
bei solchen armen Seelen
in ihren jammervollen Höhlen
zur Stärkung ihres Glaubens ein
und will ihr Tröster sein.
5. Arie (Tenor)
Zerstreute Schafe, sammlet euch.
Der Hirte lebt, den Gott geschlagen,
der seiner Schafe Last getragen.
Ihr Sorgen, fliehet, Schrecken weich.
6. Recitativ (Bass)
Lebt Jesus, was ist man betrübt,
man weiß, wie herzlich er uns liebt,
wie er das Leben sich aus eigner Kraft gegeben,
so sollen wir in ihm auch leben.
Er weiß die rechte Stunde,
wenn er mit seinem liebesvollem Munde
frei aller Unruh zu uns spricht:
Der Friede sei mit dir, verzage nicht.
7. Arie (Bass)
Seele, freue dich mit Zittern,
fürchte Gott und sei erfreut
Nach des Winters bangen Wittern
folgt die schöne Frühlingszeit.
8. Choral
Erstanden ist der heil’ge Christ. Halleluja, halleluja. Gottlob, dass hier kein Zweifel ist. Halleluja.
9. Chor
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. (Joh. 20,29)
10. Recitativ (Alt)
Ich sehe dich zwar nicht, mein Jesu, so, wie deiner Jünger Schar, die außer sich vor Freuden war, als sie dich selbst erblickten. Allein, mein Glaube macht mich froh, mag doch manch Elendsnacht mir allen Trost vergällen, es zeige sich die Macht der Kummerwellen, ich hebe doch mein Haupt empor und stelle mir den Himmel vor, da stimm ich nach dem Ejulate ein freudigs Jubilate, mit Himmelslust erfüllet, an.
11. Arie (Alt)
Mein Herz singt dir jetzt Freudenlieder, ich finde meinen Jesum wieder. Hab ich zuvor in Furcht geschwebt, so weiß ich nun, mein Goel lebt. (Hiob 19,25)
12. Recitativ (Bass)
Zwar wollen alle meine Seelenfeinde, der Satan und die böse Welt mir widerstehn; allein ich habe den zum Freunde, der ihre Macht zu Boden fällt, so kann ich ganz getrost mein Haupt erhöhn. Durch seiner Auferstehung Kraft wird alles Leben mir verschafft, sein mir erworbner Geist gibt Kräfte, dass ich überwinde und alle Süßigkeit der Gnade stets empfinde.
13. Arie (Bass)
Trotzet, ihr Feinde, vereinigt zusammen, euer Bestreben bestehet doch nicht! Jesus tut euch Widerstand, der reicht mir stets seine Hand. Teufel, entweiche, wer will mich verdammen.
14. Choral
Tod, Sünd, Teufel, Leben und Gnad, alles in Händen er hat; er kann erretten, alle, die zu ihm treten. Kyrie eleison.
15. Choral
Jesus ist erstanden, freu dich, Osterherz, Freuden sind vorhanden, weg ist aller Schmerz, nach dem Marterleiden kommen Freuden, was dich kann betrüben, ist im Totengrabe blieben.
16. Arie (Tenor)
Sagt’s den Jüngern, saget’s allen, lasst’s in aller Welt erschallen, Jesus lebt, wie er verspricht. Kommt herzu und zaget nicht. Lasst uns ihm zu Fuße fallen.
17. Accompagnato (Bass)
O großer Höll- und Todesüberwinder, wie sollten deine Kinder und alle Sünder nicht deinen herrlichen Triumph erhöhn? Wie sollte nicht die Post von deinem Auferstehn durch aller Herzen gehn? Wir waren freilich wohl die Ursach deiner Plagen und müssen ewig sagen:
18. Arie (Bass)
Die Menschen haben beigetragen, dich, Heiland, an das Kreuz zu schlagen. Die Jüden sind es nicht allein, die dich, den größesten Propheten, mit unerhörter Pein, mit Pein und Schmerzen endlich töten.
19. Accompagnato (Sopran)
Wir wollen aber jetzt zum leeren Grabe gehn und deine Liebe, Herr, erhöhn; betrübet uns der Sünden Schuld, so wissen wir, dass deine Huld uns immerdar begleitet. Wir wollen deinen Ruhm erzählen, wenn wir die Einsamkeit erwählen, und nur von dir uns oft besprechen. Ach! es entbrenn in aller Brust die größte Himmelslust. Sei du mit uns, wenn wir dich nicht erblicken, und lass uns reichen Trost erquicken.
20. Arie (Sopran)
O seliger Wandel, wo Jesus mitwandelt, wo er den Seinen nahetritt, da gehet lauter Segen mit, gesetzt, dass er verborgen handelt.
21. Choral
Tröst‘ auch andre fromme Seelen, wenn sie tief in Sorgen stehn, wenn sie in verborgnen Höhlen, Kammern, Feld und Wäldern gehn. Ihrem Kummer nachzusinnen, dass sie sich satt weinen können, so sprich ihren Seelen zu: Liebes Kind, was traurest du?
22. Chor
Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simonie erschienen. (Lk 24,34)

23. Accompagnato (Tenor)
Zuletzt, o Jesu, lass deiner Auferstehung Wahrheit als unsren Glaubensgrund in ihrer hellen Klarheit auf dieser Erden noch fernerhin gelehret werden. Wir werden auch wie du einst auferstehn und mit verklärtem Leib aus unsern Gräbern gehn.
O rechter Lebenstrost, der alle Qual und des Todes Bitterkeit versüsst. Wie freuet sich ein jeder Christ, sich dort an deinen Blicken mit aller Auserwählten Schar und mit den Engeln immerdar im ew’gen Lichte zu erquicken.
24. Arie (Sopran, Tenor)
Ach, mein Jesu! ach bleib bei uns bei Nacht, Gefahr und Grauen. Du bist der helle Morgenstern. O selig, wenn wir dich, den Herrn, als unser Licht und Sonne schauen.
25. Recitativ (Tenor)
Indessen wollen wir dein Siegesfest, das deine Christenheit zu aller Andacht fröhlich feiern lässt, noch jetzt erfreut mit diesem Jubelton erheben.
26. Schlusschoral
Nun singet all‘ zu dieser Frist Halleluja: Erstanden ist der heil’ge Christ, Halleluja.